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Neue Normalität: Grenzkontrollen mit Lücken - Eine Reportage

Die 145 Kilometer lange Steirische Grenze zu Slowenien ist von den Bezirken Leibnitz und Deutschlandsberg durch mehrere Grenzübergänge unterbrochen. 2004 trat Slowenien der EU, 2007 dem Schengen-Raum bei. Die Freude über den freien Grenzübertritt war groß. Diese Freude ist längst verflogen und Grenzkontrollen wieder (fast) überall an der Tagesordnung. Ein Lokalaugenschein von Gregor F. Waltl

An den Grenzübergängen Spielfeld, Langegg und Radlpaß wurden am 1. Mai 2004 große Feste zum EU-Beitritt Sloweniens mit großen Gesten und großen Reden gefeiert. Und mit Dezember 2007 und dem Beitritt zum Schengen-Raum dann endlich überhaupt keine Grenzkontrollen zwischen der Steiermark und Slowenien mehr! Der freie Personen- und Warenverkehr hat auch die ehemalige Grenzregion an das große, gemeinsame Europa angeschlossen. Obwohl die Polizei immer wieder betonte, dass es natürlich weiterhin Kontrollen im Rahmen von sogenannten „Schleierfahndungen“ geben wird, war die Freude hüben und drüben riesengroß.

Einen ersten Einschnitt brachte die beginnende Flüchtlingskrise 2015. Nach einigem Zögern, begann die Polizei mit Unterstützung des Bundesheeres wieder mit verstärkten Grenzkontrollen. Nicht nur in Spielfeld, sondern mit wechselnder Intensität an allen Übergängen und auch dazwischen. Schon irgendwie wieder lange her, aber seitdem ist das Bundesheer im Assistenzeinsatz an der steirisch-slowenischen Grenze. Die letzten beiden Corona-Jahre sind uns hingegen in wacherer Erinnerung. Die Grenzkontrollen seitdem, mal mehr oder mal weniger, wieder zum lästigen Alltag geworden, wie die Nachschau zeigt.


Der Radlpaß ist eine der wichtigsten Verbindungen vom slowenischen Drautal in die Steiermark. Deswegen und weil wohl viele die steile Soboth oder gar mautpflichtige Autobahnen meiden, ist hier neben dem Pendlerverkehr vor allem relativ viel Schwerverkehr zu bemerken. Das heißt für die Exekutive und die im Auftrag der Gesundheitsbehörde (Bezirkshauptmannschaft) operierenden Bundesheersoldaten immer wieder raus aus dem spartanischen Blech-Container. Die vielen Steirer, die vom Parkplatz zu Fuß zum slowenischen Duty-Free Shop gehen um sich vor allem mit Zigaretten einzudecken, werden freundlich aus der Ferne mit einem Handzeichen begrüßt und ebenso wieder zurück über die Grenze gewunken. Ohne Kontrolle.


Einige wenige Grenzkilometer weiter, mit dem Auto aber eine gute halbe Stunde Fahrzeit, ist am Grenzübergang Remschnigg/Kapla nichts, also gar nichts los. Keine Autos, keine Wanderer und keine Kontrollen. Wozu auch, kennen ja auch nur die Einheimischen. Fast idyllisch, aber eben trotzdem Grenze. Übrigens nur ein paar Gehminuten vom Übergang befindet sich eine alte jugoslawische Kaserne, Zeuge einer ganz anderen Grenz-Zeit. Wenn man über die Grenze und mit etwas Ortskenntnissen über teils Schotterstraßen weiterfährt, kommt man über Kapla, Gradisce und den Grenzübergang Großwalz/Oberer Guess wieder zurück nach Österreich. Auch hier, keine Kontrollen. Die beiden ehemaligen Zollstationen sind mittlerweile im Privatbesitz und werden als Wochenendhäuschen genutzt.


Der nächste Grenzübergang in Schlossberg bei Leutschach Richtung Sv. Duh (Heiligengeist) ist der höchstgelegene von allen und wird über die wärmeren Monate täglich von hunderten Wanderer überquert. Aktuell sind es in der Früh und am Abend eine Handvoll Pendler. Kontrollen gibt es auch hier keine. Wer aber mal Zeit und Liebe hat, die Fahrt von hier bis an die Drau ist eine erlebnisreiche, wenn auch recht lange Ausflugsfahrt. Die Straßen sind auch im Winter zumindest meistens geräumt und gut befahrbar, ebenfalls ohne Kontrollen. Dieser Grenzübergang war übrigens wie einige andere 2020 und 2021 über Monate mittels Betonmauern vollkommen gesperrt. Weil „wir nicht das Personal haben, um alle kleinen Übergänge zu kontrollieren“, wie es seitens der Behörde geheißen hat.


Endlich wieder Menschen und endlich wieder Kontrollen: Am Grenzübergang Langegg/Jurij herrscht wieder etwas Leben, von regem Treiben kann man aber wohl nicht sprechen. „Wenig los, sehr wenig los!“ meint ein gelangweilter Soldat am Gang zum Getränkekühlschrank um sich (alkoholfrei) zu laben. Doch dann wird es spannend: Ein Auto und seit dem Radlpaß vor drei Stunden endlich wieder eine Kontrolle! Dauer ca. eine halbe Minute, dann wieder Stille und eine etwas forsch nachfragende Sicherheitskraft mit „Wos mochen Sie do?“. Ich: „Nix, I hob nur gschaut. Wiederschauen!“ Also an den Grenzen kann es nicht liegen, dass die Coronazahlen aktuell so hoch sind.


Anmerkung: Das sind lt. WKO die aktuell gültigen Einreisebestimmungen:

  • 2G+ Grundregelung: Zusätzlich zu einem Impf- oder Genesungsnachweis ist ein negativer PCR-Test (max. 72h gültig ab Probenahme) vorgeschrieben. Personen mit einer Booster-Impfung sind von dem PCR Test befreit.

  • Die Einreiseverordnung ist auf Transitpassagiere und Güterverkehr nicht anwendbar

  • 3G-Regel für Pendler bleibt weiterhin in Kraft

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